20. November 2019

Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung ist nicht im­mer von Vorteil

Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung heißt: Kei­ne Um­satz­steuer auf der Aus­gangs­rech­nung. Das ist nicht für je­den Be­trieb un­ter der Um­satz­gren­ze die beste Ent­schei­dung. Vor- und Nach­teile soll­ten in je­dem Fall in­di­vi­du­ell mit dem Steu­er­be­ra­ter ab­ge­wo­gen werden.

Text: Midia Nuri

ugegeben: Rund um die Umsatz­steuer drohen diverse Risiken. Trotzdem ist die Sache an sich keine Hexerei, sondern bloß Hand­werk. Und für Firmen­chefs darum auch kein Grund für unter­neh­me­ri­sche Weichen­stel­lungen aus Angst vor Umsatz­steu­er­erklä­rung oder -voranmel­dung. Beispiels­weise die Entschei­dung zur Anwen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung. Wer im voran­ge­gan­genen Kalen­der­jahr maximal 17.500 Euro Umsatz gemacht hat oder für das laufenden Kalen­der­jahr nicht über 50.000 Euro erwartet, kann sich zwar dafür entscheiden, Rech­nungen ohne Ausweis der Umsatz­steuer zu stellen. Den wenigen Erleich­te­rungen durch diese Art von Welpen­schutz für Klein­un­ter­nehmer stehen jedoch wich­tige Einschrän­kungen gegen­über. Und Unter­nehmer sind an ihre Entschei­dung über Jahre gebunden. Sie sollten daher sehr gründ­lich mit ihrem Steuer­berater darüber spre­chen, ob die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung für sie eine gute Sache ist.

Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung greift nicht au­to­matisch

Zuerst sollten sich Firmen­chefs genau damit beschäf­tigen, was die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung eigent­lich ist. Entgegen einem häufigen Miss­ver­ständnis greift die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nicht auto­ma­tisch, sofern der Umsatz die maßgeb­li­chen Grenz­werte hierfür unter­schreitet. Auto­ma­tisch umsatz­steu­er­frei sind nur an sich umsatz­steu­er­freie Einkünfte, wie beispiels­weise Leis­tungen aus dem thera­peu­ti­schen Bereich. Ansonsten fällt auf alle erzielten Umsätze grund­sätz­lich die gesetz­liche Umsatz­steuer an – in Höhe des jeweils geltenden Mehr­wert­steu­er­satzes. Auch Ange­hö­rige beispiels­weise der medi­zi­ni­schen Berufe können also durch zusätz­liche umsatz­steu­er­pflich­tige Umsätze – etwa aus Vorträgen oder Fach­ar­ti­keln – mit der Über­le­gung konfron­tiert sein, ob sie sich für oder gegen die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung entscheiden. Die Umsatz­steuer gehört also für jeden Frei­be­rufler oder Gründer mit noch geringen Einkünften sofort ins Gespräch mit dem Steuer­berater.

Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung muss be­an­tragt wer­den

Umsatz­steu­er­lich ist Klein­un­ter­nehmer, wer im voran­ge­gan­genen Kalen­der­jahr maximal 17.500 Euro Umsatz gemacht hat oder im laufenden unter 50.000 Euro erwartet. Wer diese Krite­rien erfüllt, kann sich von der Umsatz­steu­er­pflicht befreien lassen, indem er die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung bean­tragt. Gründer fordert der Fiskus per Frage­bogen auf, die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung zu bean­tragen oder darauf zu verzichten. An einen Verzicht sind Firmen­chefs für fünf Jahre gebunden. Wer die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nutzt, muss keine Umsatz­steuer ans Finanzamt abführen, darf sie logi­scher­weise aber auch nicht dem Kunden berechnen. Er stellt also Netto-Rech­nungen. Wer trotz nied­riger Einkünfte auf die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung verzichtet, verein­nahmt die Umsatz­steuer und muss neben der Einkom­men­steu­er­erklä­rung eine Umsatz­steu­er­erklä­rung abgeben. Außerdem müssen umsatz­steu­er­pflich­tige Unter­nehmen dem Fiskus monat­lich oder quar­tals­weise eine Umsatz­steu­er­vor­anmel­dung schi­cken.

Meh­re­re Fak­to­ren be­ein­flus­sen die Ent­scheidung

Klein­un­ter­nehmer mit vielen Privat­kunden können vom Stellen einer Rech­nung ohne Umsatz­steuer profi­tieren. Das macht ihre Leis­tung preis­werter. Der Kunde zahlt den Endbe­trag – ob Umsatz­steuer ausge­wiesen ist oder nicht, macht für ihn keinen Unter­schied. Damit verzichtet der Unter­nehmer jedoch auf die Möglich­keit, seiner­seits Vorsteuer aus Liefe­ran­ten­rech­nungen geltend zu machen. Er verschenkt seinen Vorsteu­er­abzug, was bei hohem Waren­ein­satz nach­teilig wäre. Hier ist eine Abwä­gung wichtig: Einer­seits ist eine Rech­nung ohne Umsatz­steuer für den Kunden nied­riger. Ande­rer­seits kann ohne Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung die Umsatz­steuer bei den eigenen Ausgaben als durch­lau­fender Posten betrachtet werden statt als direkte Belas­tung für das Ergebnis. Wenig sinn­voll ist die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung, wenn der Kunde selbst unter­neh­me­risch tätig ist – und so meis­tens selbst umsatz­steu­er­pflichtig. Diesen Kunden ist egal, ob sie Umsatz­steuer zahlen – sie können sie als Vorsteuer geltend machen. Auch Unter­nehmer mit höheren Inves­ti­tionen in der Grün­dungs­phase sollten auf den Vorsteu­er­abzug nicht verzichten. All diese Faktoren müssen Klein­un­ter­nehmer abwägen.

Ver­spä­tung auch mit Klein­un­ter­neh­mer­re­gelung teuer

Wichtig ist, an die Fristen zu denken. Wer seine Steu­er­erklä­rung selbst erle­digt, hat 2019 erst­mals Zeit bis Ende Juli. Danach müssen säumige Unter­nehmer auch mit Verzö­ge­rungs­zu­schlägen rechnen, wenn keine Steuer anfällt oder erstattet wird. Bei Verspä­tungen gilt seit Anfang 2018 pro ange­fan­genem Monat: 0,25 Prozent der Steu­er­nach­zah­lung, mindes­tens 25 Euro. Seit Jahres­be­ginn 2019 ist dieser Verspä­tungs­zu­schlag auto­ma­tisch fällig. Das Finanzamt hat keinen Ermes­sens­spiel­raum. Unter­neh­mern, die ange­for­derte Unter­lagen nicht in der einge­räumten Frist vorlegen, kann der Fiskus zudem das höhere Verzö­ge­rungs­geld aufbrummen. Steht der Verzicht auf die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung fest, sollten Unter­nehmer die pünkt­liche Abgabe gerade der Umsatz­steu­er­vor­anmel­dung ernst nehmen. Geht sie verspätet beim Finanzamt ein, gibt es womög­lich gleich Ärger mit der Bußgeld- und Straf­sa­chen­stelle. Die bekommt Infor­ma­tionen zu Anhalts­punkten für vorsätz­liche oder leicht­fer­tige Steu­er­ver­kür­zung durch unrich­tige, unvoll­stän­dige oder unter­las­sene Angaben gegen­über der Finanz­be­hörde. Eine verspä­tete Umsatz­steu­er­vor­anmel­dung ist in diesem Sinne eine Steu­er­hin­ter­zie­hung auf Zeit – ausge­nommen regu­läre Verspä­tungen im Rahmen einer Dauer­frist­ver­län­ge­rung.

EÜR wird trotz Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung fällig

Unter­nehmer, die sich nach Absprache mit dem Steuer­berater für die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung entscheiden, sollten auch beachten: Sie bringt seit vergan­genem Jahr keine Erleich­te­rung mehr bei der Einkom­men­steu­er­erklä­rung. Wer Einkünfte aus selbst­stän­diger Tätig­keit oder aus Gewer­be­be­trieb erzielt, ist jetzt verpflichtet, seinen Gewinn unab­hängig von der Höhe der Betriebs­ein­nahmen anhand der Anlage EÜR dem Finanzamt gegen­über zu erklären. Auch Klein­un­ter­nehmer müssen also die Anlage EÜR abgeben. Eine Umsatz­steuer-ID brau­chen Klein­un­ter­nehmer zwar nicht. Doch die sollten sie bean­tragen – aus Sicher­heits­gründen. Es gibt also eine Menge Faktoren, die Unter­nehmer für oder gegen die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung abwägen sollten. Deut­liche Erleich­te­rungen spre­chen jeden­falls nicht mehr dafür.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg